Ein Fisch namens Wanda

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Karim Marouf
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Mär 2019 25 20:32

Ein Fisch namens Wanda

Beitrag von Karim Marouf

Ein Fisch namens Wanda ist eine Kriminalkomödie von Charles Crichton und John Cleese aus dem Jahr 1988, in der ein erfolgreicher Juwelenraub haarsträubende Verwicklungen für die vier Protagonisten und weitere Betroffene nach sich zieht. Das mit einer Romanze verflochtene Heist-Movie präsentiert sich als tempo- und einfallsreiche Komödie mit schwarzhumorigen, Farce- und Screwball-Elementen. In Entstehung und Besetzung ein britisch-amerikanisches Gemeinschaftswerk, spielt der Film auch souverän mit gängigen Klischees, die über beide Kulturen kursieren.

Zahlreiche Preise bedeuteten auch Wertschätzung durch fachkundige Juroren, so bei den BAFTA, Golden Globe und Academy Awards 1989. Oscar-Gewinner als bester Nebendarsteller wurde Kevin Kline. Oscar-Nominierungen erfolgten in zwei weiteren Kategorien – eine für das beste Originaldrehbuch, das Cleese und Crichton in mehrjähriger Gemeinschaftsarbeit entwickelt hatten, die andere in der Sparte beste Regie für Crichton allein, der zuvor 23 Jahre lang als Spielfilmregisseur „pausiert“ hatte. Ein Fisch namens Wanda wurde sein größter Erfolg und sein letzter Film zugleich.

Handlung

Ein merkwürdiges Quartett findet sich in London zusammen, um mit einem Juwelenraub millionenschwere Beute zu machen: der selbstgefällige Rädelsführer George, der ihm treu ergebene, stotternde Tierschutzaktivist Ken, die attraktive US-Amerikanerin Wanda und ihr Liebhaber (angeblich ihr Bruder), der Kampfsport und Waffen liebende Pseudointellektuelle Otto. Nach gelungenem Überfall beginnt das Ringen um die Beute. Die durchtriebene Wanda, die mit ihren Reizen und den beschränkten Männern spielt, scheint die Fäden in der Hand zu halten. Per anonymem Anruf bei der Polizei bootet sie zunächst George aus und ist im Begriff, auch Otto kaltzustellen, nachdem der den Tresor geknackt hat, in dem die geraubten Diamanten deponiert waren. Der Tresor jedoch ist leer; George hat das Diebesgut an einen anderen Ort verbracht. Wanda besucht ihn, Mitgefühl heuchelnd, in U-Haft, doch er traut ihr nicht, und noch weniger Otto. Er schaltet seinen Gehilfen Ken ein, der den Safeschlüssel in einer kleinen Schatulle in seinem Aquarium versenkt. Wanda wiederum beobachtet ihn dabei und versteckt den Schlüssel im Anhänger ihrer Halskette. Wo der dazugehörige Safe sich befindet, weiß sie freilich ebenso wenig wie Ken.

Um dies in Erfahrung zu bringen, setzt sie, getarnt als Jura­studentin, nun ihre Verführungskünste gegenüber Georges Verteidiger Archie ein. Der nach Lob und Liebe hungernde Mann einer völlig ignoranten Gattin verfällt ihrem Charme im Nu. Es folgt eine Reihe von Verwicklungen. Bei einem Besuch in seinem Haus verliert Wanda ihren Anhänger; Archies unerwartet auftauchende Frau reklamiert ihn als Geschenk für sich; Otto, der eifersüchtig über jeden Schritt Wandas wacht, demütigt Archie, worauf sie von ihrem Kompagnon verlangt, sich umgehend zu entschuldigen; zurück in Archies Haus, entdeckt Otto einen Einbrecher und schlägt ihn nieder, muss aber entsetzt feststellen, dass es kein anderer als Archie selbst ist, der den Einbruch fingiert hatte, um den Anhänger, den seine Frau nicht wieder herausgeben wollte, für Wanda zurückzuerobern. Währenddessen hat George erneut Kens Dienste in Anspruch genommen, um sich der einzigen Belastungszeugin, die ihn in der Nähe des Tatorts gesehen hatte, zu entledigen. In Erwartung eines Freispruchs beauftragt er Ken mit dem Kauf von Flugtickets und vertraut ihm an, wo der Safe sich befindet. Die Verhandlung endet in einem Tumult, nachdem Archie sich versehentlich als Wandas Liebhaber geoutet und sie, als Kronzeugin der Verteidigung, George ein zweites Mal ans Messer geliefert hat.

Der Showdown beginnt in Georges Apartment. Otto hat Ken an einen Stuhl gefesselt und verspeist dessen Aquariumsfische einen nach dem andern – am Ende sogar Kens Liebling Wanda –, um aus ihm den Standort des Safes herauszupressen. Dass es das Cathcart Towers Hotel in der Nähe von Heathrow ist, erfährt kurz darauf auch Archie, der beschlossen hat, sich mit Wanda und der Beute nach Südamerika abzusetzen. Er befreit Ken, muss jedoch für die Weiterfahrt nach Heathrow mit dessen Scooter vorlieb nehmen, da Otto Archies Auto samt Wanda gekapert hat. Auf dem Flughafen düpiert Wanda ihren „Bruder“, schlägt ihn bewusstlos und entkommt mit den Diamanten. Wieder bei Sinnen, stößt Otto auf Archie, überlistet ihn und ist im Begriff, ihn zu erschießen, will ihn aber zuvor partout noch einmal demütigen, indem er ihn auf dem Rollfeld in ein Fass voller Abfall steigen lässt und verspottet. Auch Ken verhöhnt er, der rachelüstern mit einer riesigen Dampfwalze direkt auf ihn zusteuert; zu spät bemerkt er, dass er in einer frischen Betonschicht feststeckt, und wird überrollt. Archie eilt zur Maschine nach Rio und gesellt sich zu Wanda. Durchs Fenster sieht man den wunderbarerweise wiederauferstandenen, grimmig dreinschauenden Otto, der schließlich, besiegt vom Fahrtwind, den Flieger und das Paar ziehen lassen muss, das laut Abspann in der neuen Heimat eine große Familie mit 17 Kindern gründet.

Entstehung


John Cleese und Charles Crichton, die Co-Autoren des Drehbuchs und de facto auch Co-Regisseure, standen schon 1969 kurz davor, gemeinsam einen Film zu realisieren. Als sie dann mehr als ein Jahrzehnt später den Auftrag erhielten, Lehrvideos für das Business Management zu entwickeln, nutzten sie die Gelegenheit, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, und sammelten mittels Brainstorming Ideen für einen Spielfilm. Nach erfolgversprechendem Beginn einigten sie sich auf einen festen Rhythmus: Einer gemeinsamen Arbeitswoche ließen sie zwei Wochen Pause folgen, in denen sie sich unabhängig voneinander neuen Ideen öffnen wollten. Crichton lobte diese Form der Kooperation mit der Begründung, dass so jeder sein spezielles Talent habe einbringen können.

Zu ihrer individuellen Handschrift kam noch ihre spezifische Prägung durch zwei ganz unterschiedliche „Schulen“ des britischen Humors hinzu: Crichton war in den Nachkriegsjahren einer der Pioniere der in den Londoner Ealing Studios entstandenen Komödien, Cleese eine Generation später Gründungsmitglied von Monty Python. Crichtons bekanntester Film aus jener Zeit war Das Glück kam über Nacht. Allein schon dessen Genre – ein Heist-Movie im Gewand einer Komödie – signalisiert, dass Ein Fisch namens Wanda auf vertrautem Boden gedieh. Zumindest ihm, so Cleese, sei das erst in dem Moment bewusst geworden, als er nach Wandas Verwandtschaft mit der Ealing-Komödie gefragt wurde – und sie spontan bestätigte, wie Crichton auch.

Die Konstellation für die Hauptfiguren trug Cleese bei Beginn der Arbeit am Drehbuch schon in sich. Sie stammte aus einem Theatererlebnis, das ihn 1962 zum Lachen gebracht hatte wie kein anderes zuvor und danach. Es war ein Stück mit vier komischen Charakteren (unterschiedlich komischen Charakteren) – eine Konstellation, die aus Cleese' Sicht so viele Kombinationen ermöglichte, dass Langeweile ausgeschlossen schien. Er übernahm sie für Wanda. Den Part, den er sich selbst zudachte, entwarf er schon mit Blick auf das US-amerikanische Publikum: den Anwalt Archie Leach als das Klischee dessen, was man dort als „typisch britisch“ sah. Auch der Zweite des Quartetts stand zumindest nominell frühzeitig fest: Michael Palin, einer seiner engsten Mitstreiter von Monty Python.

Mit Kevin Kline kam Cleese auf Empfehlung des späteren Wanda-Produzenten Michael Shamberg in Kontakt und freundete sich schnell mit ihm an. Kline meint, Cleese habe ihn damit gelockt, den „bösesten Mann der Welt“ spielen zu dürfen, und ihn dann selbst herausfinden lassen, ob dessen Selbstbild (Genie) oder das Fremdurteil („dämlich“) der Wahrheit näher kommt. Zwei Monate vor Drehbeginn beschloss Cleese, in entspannter Atmosphäre mit Kline allein das Drehbuch durchzugehen. Die zehn Tage auf Jamaika waren für beide sehr ertragreich. Kline war ein „Spieler“. Jede Probe geriet anders, weil er, ohne vorherigen Plan, vieles spontan entdeckte, darunter sowohl Gesten, wie Ottos Schnüffeln in seiner Achselhöhle, als auch originelle Wendungen, wie das unerwartete „Ich bin enttäuscht“ beim Anblick des leeren Safes – alles Dinge, so Cleese, die einem Drehbuchautor nicht am Schreibtisch einfallen würden.

Dass eine Frau das Quartett vervollständigen würde, war von vornherein geplant; dass es keine Britin wurde, entschied sich relativ spät. Einem Filmtipp seiner Tochter folgend, erlebte Cleese Jamie Lee Curtis auf der Leinwand (Die Glücksritter) und war von ihrer Energie sofort gepackt. Mit dem Engagement zweier US-Amerikaner – für zwei der vier Hauptrollen – entstand noch einmal eine ganz neue Dynamik. In den zwei Wochen Probe, die den Dreharbeiten vorausgingen, war Curtis diejenige, die am meisten ansprang auf Cleese' Ermutigung, eigene Ideen einzubringen (We're all going to direct this). Curtis ihrerseits war voll des Lobes über die gemeinschaftliche Anstrengung – eine für sie neue Erfahrung –, und Palin honorierte ihren persönlichen Anteil daran, indem er ihr ein T-Shirt schenkte mit der Aufschrift Wait! I have an idea!

Cleese resümierte, zwar gehe die Idee für den Film auf ihn persönlich zurück, die allmähliche Ausformung aber sei inspiriert worden durch viele Leute, mit denen er in Austausch getreten war. Allein zum Text des Drehbuchs hätten 13 Personen beigetragen. Auch habe es ebenso viele Entwürfe durchlaufen, bevor er zufrieden war. Der produktionsvorbereitende Prozess insgesamt dauerte rund vier Jahre und kostete ca. 150.000 US-Dollar, für die Cleese persönlich aufkam.

Dreharbeiten

Im Sommer 1987 konnten die Dreharbeiten beginnen. Dem 77-jährigen Crichton die alleinige Regie zu übertragen, hielt man allerdings aus Sicht von Metro-Goldwyn-Mayer für nicht ganz unbedenklich. Sein Alter war nur das eine; hinzu kam seine lange Abstinenz von dem, wofür man ihn engagierte: Die letzten 23 Jahre hatte er zwar noch Fernsehshows und Kurzdokus gemacht, aber keinen Spielfilm. Man entschied daher, Cleese als Co-Regisseur einzusetzen (ohne Nennung), damit er, wiewohl selbst unerfahren, im Notfall einspringen konnte. Dieser Fall trat nicht ein. Ihre schon beim Drehbuchschreiben gut funktionierende Arbeitsteilung (Cleese mehr auf die Sprache, Crichton mehr auf das Visuelle achtend) setzten beide am Set fort: Cleese übernahm die Kommunikation mit den Schauspielern, Crichton bestimmte über den praktischen Ablauf.

Als Regisseur hatte er nichts verlernt. Das zügige Tempo, das er anschlug, überraschte. Er machte keinen zweiten oder dritten Take, wenn der erste gelang. Man sah, er wusste genau, was er wollte. Cleese meint, er habe auf eine Art und Weise gefilmt, als wolle er „die Essenz jeder Szene“ einfangen. In seinem Audiokommentar lenkt er die Aufmerksamkeit des Zuschauers wiederholt auf die Ökonomie, mit der Crichton Regie führte. Kamera und Aufbauten hatten bei ihm dienende Funktion. Das ermöglichte längere Takes, und das wiederum rückte die Schauspieler in den Mittelpunkt, forderte ihre Leistung heraus und würdigte sie zugleich.

Dass dennoch zwei Reshootings angesetzt wurden, lag an den Ergebnissen der Previews, die man untereinander, aber auch mit Außenstehenden diskutierte. Das eine betraf die fehlende Lovestory. In diesem Punkt lenkte man komplett ein (siehe Genre, vorletzter Abschnitt). Das andere berührte die Frage, wo man mit dem Schwarzen Humor möglicherweise zu weit gegangen war. Hier ließ man sich vor allem von den unmittelbaren Reaktionen im Zuschauerraum leiten. Cleese beschreibt einen Moment, in dem das Publikum regelrecht erstarrt sei: Den Tod des zweiten, überfahrenen Hundes hätten sie, in der Erstfassung, zu eindeutig gezeigt durch Innereien aus einem Fleischerladen... Das änderten sie ab, anderes nicht, wie zum Beispiel die Tortur, die Ken durch Otto erleiden muss, und die Tatsache, dass überhaupt Tiere getötet werden. Beides, so Cleese, sei heftig angegriffen worden, wogegen keiner Anstoß genommen habe am Warum und Wie von Kens Mordversuchen an einer unschuldigen alten Dame.

Beginnend am 13. Juli 1987, wurde der Film binnen 10 Wochen (einschließlich der Reshootings) in den Twickenham Studios sowie an verschiedenen Orten in London und Oxford gedreht. Die Produktionskosten beliefen sich auf 7,3 Millionen US-Dollar.
Text: Wiki

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Mär 2019 26 05:10

Re: Ein Fisch namens Wanda

Beitrag von Norby

Schon viele Jahre nicht mehr gesehen. Kann mich aber daran entsinnen dass ich den total klasse fand :daumenhoch:

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Mär 2019 26 21:45

Re: Ein Fisch namens Wanda

Beitrag von Karim Marouf

Ein Trailer (auf engl.):

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